2. April 2014

Auf von Trier muss man sich einlassen!

Im Nachgang - »Nymphomaniac 1«
Auf von Trier muss man sich einlassen!
Lars von Trier macht keine einfachen Filme, denkt man an »Antichrist«, »Melancholia« oder »Dogville«. Auf von Trier muss man sich einlassen. Man sollte vorher definitiv wissen, mit welchem Filmemacher es man hier zu tun hat.

Denn jeder, der ohne zu wissen, was abgeht, in diesen Film geht, wird enttäuscht sein. Oder angeekelt. Oder gelangweilt. Oder alles. Aber Leute: es geht um Nymphomanie. Und ihr regt euch über zu viele Sexszenen auf? Eine Nymphomanin erzählt ihre Geschichte und da kommt nunmal viel Explizites vor, auch jugendlicher Leichtsinn, auch krasse Sachen die nicht alltäglich sind, die aber Teenager nunmal machen. “Ein zu langer Porno mit Story die keine ist.” Seh ich anders.

Erwarte das Unerwartete. Erwarte nicht zu verstehen was du siehst, erwarte keine pure Ernsthaftigkeit, erwarte Tiefe, erwarte Leichtsinn.

Allein die Anfangsszene ist grandios. Nahaufnahmen von Tropfen die ein Dach runter tropfen, Muttern aufgereiht, ein Hinterhof, die blutige Hand einer Frau. Einzelbilder. Dann der gesamte Hinterhof – Etablishment Shot auf eine andere Art und Weise – und Rammstein. Diese Einführung einer Szenerie ist ungewöhnlich, aber so irre gut, dass man sie erst versteht, wenn sie schon vorbei ist. Es passiert rein gar nichts – aber ich bin begeistert.

Ja, manche Szenen sind lang gezogen. Manches ergibt keinen Sinn. Es gibt dramaturgische logische Ungereimtheiten. So what? Der Film wollte nie und wird nie den Anspruch auf Echtheit erheben. Wieso stellen die Leute immer an jeden Film diesen Anspruch? Lars von Trier zeigt, dass er sich selbst nicht wirklich ernst nimmt. Warum auch? Es gibt wirklich sehr viele Szenen bei denen man lachen muss. Bei denen das ganze (sehr volle) Kino gelacht hat. Anspruch zu unterhalten: check. Anspruch zu provozieren: doublecheck!

Die Metapher des Angelns und der Orgelmusik sind super gewählt. Sie passen ideal, wenn man etwas mehr darüber nachdenkt. Auch die Umsetzung in graphische Bilder (keine Nacktszenen) ist unglaublich gut gelungen. Die filmischen Aspekte, die von Trier nutzt um die Metaphern an den Zuschauer zu bringen sind einfach vielfältig, verständlich, ergeben Sinn und machen einfach Spaß. Es ist kein Film, bei dem man seinen Kopf anstrengen muss um die Metaphern überhaupt mitzubekommen, die werden einem förmlich ins Gesicht gedrückt und wirklich gut erklärt.

Der Film wird, trotz der Länge, keineswegs langweilig, durch die Unterteilung in Kapitel (5 im ersten Teil), die alle auch dramaturgisch unterschiedlich aufgebaut sind. Eines ist sogar in Schwarzweiß. Das letzte Kapitel wird nicht nur durch die Metapher aufgeteilt, sondern auch der Screen wird aufgeteilt in drei Teile, die nach der erzählten kurzen Geschichte, alle wieder auftauchen.

Die letzte Szene – der Höhepunkt des erstes Teils – im Zusammenspiel mit dem Abspann (wieder Rammstein und Szenen vom zweiten Teil) machen Lust auf mehr. Bestes Werbemittel! Kann den zweiten Teil kaum erwarten.
Anne

http://nymphomaniac-derfilm.de