30. Januar 2015

Pro und Contra »Frau Müller muss weg«

Wird ein erfolgreiches Theaterstück zwangsläufig ein unterhaltsamer Kinofilm?
 Pro und Contra »Frau Müller muss weg«
Wird ein erfolgreiches Theaterstück zu einem relevanten Thema zwangsläufig ein intelligenter, unterhaltsamer und erfolgreicher Kinofilm? Fragen ohne Ende, Lob und Nörgelein der KritikerInnen folgen hier.

Pro
»Frau Müller muss weg« von Lutz Hübner ist ein sehr erfolgreiches Theaterstück am Dresdner Staatsschauspiel. Das Stück lebt von feinster Situationskomik und den grandiosen Darstellungen der Schauspieler. Nun wurde das Stück von Sönke Wortmann (»Das Wunder von Bern«) verfilmt. Lutz Hübner war natürlich am Drehbuch beteiligt und versicherte, dass am Dialog fast nichts verändert wurde. Die Geschichte bleibt, simpel gesagt, die: Eine Gruppe von Eltern ist unzufrieden mit den Noten der Kinder und schiebt das Ganze auf die Lehrerin, weswegen eine Sitzung einberufen wurde, um die Lehrerin ihres Postens zu berauben. Allerdings stellt sich durch Gespräche heraus, dass die Probleme ganz woanders liegen, als anfangs gedacht. So wird einigen Eltern bewusst, was ihre Kinder wirklich denken und machen und dass es oft gar nicht an der Lehrerin liegt, wenn die Schüler schlecht sind. Nebenbei machen sich auch die Probleme der Eltern bemerkbar.

Das Theaterstück überzeugt durch den simplen Aufbau: ein Bühnenbild, ein geschlossener Raum. Im Film wurde dies natürlich durch einige Raumänderungen ersetzt. So wird die ganze Schule mit einbezogen (Schwimmhalle und Sporthalle inklusive) und auch Dresden ist einige Male zu sehen. Die Ergänzungen zum ursprünglichen Stoff, was Dialog und Geschichte angeht, sind in Ordnung, teilweise aber etwas überzogen, um Action für die Kinozuschauer einzubauen.

Im Stück bleibt die Handlung im Klassenzimmer, und als sich die Eltern auf den Weg machen, Frau Müller zu suchen, bleiben nur zwei im Raum und reden. Diese Dialoge werden im Film aufgeteilt und in andere Situationen versetzt. So geschieht es auch mit den anderen Paaren. Die Dialoge sind bis auf winzige Änderungen haargenau gleich - der einzige Unterschied: Die Betonung.

Anke Engelke spielt wirklich gut und ist meiner Meinung nach als einzige Person gut besetzt. Natürlich ist der Rest nicht übel, aber im Vergleich mit dem Theaterstück stinkt die Besetzung des Films etwas ab. Mir persönlich fehlten oft die Emotionen, das aus sich Herausgehen. Manche Sätze wurden nur so daher gesagt, ohne wirklich die Tragweite des Gesagten darzustellen. So verfehlten einige Pointen ihre Lacher, obwohl sie im Theaterstück weitaus besser zur Geltung kommen. Aber vielleicht bin ich da auch vorgeprägt.
Gerade am Ende, welches übrigens Deckungsgleich mit dem Theaterstück ist, wurde ein bisschen mehr Action hinzugemogelt. Im Stück geht nichts zu Bruch, weder das Glas, noch die Nase. Und auch Wasser wird nicht verspritzt, um den Tobenden Einhalt zu gebieten. Da sinkt der Film doch ein wenig auf TV-Movie-Niveau herab, um die Zuschauer bei Laune zu halten.

Für Zuschauer, die das Stück nicht kennen, selber Kinder haben, oder gern deutsche Komödien schauen, ist »Frau Müller muss weg« aber ein guter und nett anzuschauender Film. Ich schaue lieber noch ein drittes Mal das Theaterstück an, da kann ich mehr lachen.
Anne

Contra
Nimm ein erfolgreiches Theaterstück zu einem relevanten Thema und heraus kommt ein intelligenter, unterhaltsamer und erfolgreicher Kinofilm. Dass das doch nicht so einfach ist, beweist leider die Komödie »Frau Müller muss weg!«.

Eines vorweg, die Idee zündet nicht. Da wo Roman Polanski federleicht das Theaterstück »Der Gott des Gemetzels« in ein adäquates filmisches Format interpretiert, scheitert Sönke Wortmann. Böse Zungen könnten sagen - bieder, einfalls- und kraftlos. Denn statt ernsthafter Auseinandersetzung mit den brennenden Themen - Schulmisere, Leistungsdruck, ungeliebte Lehrer, unverstandene Schüler - sehen wir Karikatur und Slapstick. Nette und unkonkrete Klischees statt hilfreicher Auseinandersetzung. Da war »Fack ju Göhte« in seiner herrlich unbedarften Art wesentlich frischer und, ja auch das, kritischer.

Wohl im Bestreben mehr aus der Ausgangsvorlage zu holen, einen richtig starken Film zu machen, schickt Sönke Wortmann seine Protagonisten nach 20 Minuten auf eine gefühlt zweistündige Reise durch das leere Schulhaus. Die dabei abgefeuerten, eher inszenatorisch begründeten Gags verpuffen oder zünden im wahrsten Sinne des Wortes im Wasser. Warum muss Anke Engelke sich auch noch ausziehen und ihr Handy herausfischen, es ist einfach tot nach fünf Minuten im Wasser?

Der filmische Seitentrieb trägt somit auch nicht dazu bei, den eifernden Eltern so etwas wie Kontur oder Seele zu verschaffen. Da darf zwar am Ende noch Glas zersplittern und die Lehrerin ihre Pointe setzen, der Zuschauer hat sich da wohl aber schon lange innerlich verabschiedet.

Anke Engelke trägt bestens auf und gefällt in dieser Rolle, kann der gespielten Person aber nicht mehr als eine überzeichnete Hülle geben. Ähnliches gilt für alle Beteiligten, tolle Texte allein reichen nicht aus, nur Justus von Dohnányi schafft es, dem arbeitslosen Wolf Heider so etwas wie einen Charakter zu verpassen.

Mit einem Missverständnis sollte auch aufgeräumt werden. Die gezeigte Schule steht in Köln, trotz Soli und Osttransfer sehen Schulen im Osten immer noch deutlich schlichter aus. In Dresden wurden lediglich einige Außenaufnahmen gemacht - eine Mogelpackungen sozusagen.
Mersaw

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