2. März 2015

So, liebe Freunde

des Dresdner Lichtspielbetriebes,
So, liebe Freunde
wollen wir heut und in den kommenden Ausgaben, rund 25 Jahre nach der Wende resümierend zurückblicken. Was hat sich getan, was verändert? Da haben wir zum Beispiel mitten im Zentrum das Rundkino, eines der bedeutendsten Bauwerke der Dresdner Nachkriegsmoderne, welches aber eigentlich so konzipiert war, dass es nur durch viel Platz seine visuelle Wirkung entfalten konnte. Heute steht das UFO-artige Lichtspielhaus vollkommen eingeklemmt zwischen 90er Jahre altbundesländlicher Beliebigkeitsarchitektur.

Einen Katzensprung weiter befindet sich dann auch noch der 1998 warum auch immer eröffnete UFA-Kristallpalast, der im Prinzip ganz gut zu dem UFO passt, da er bisschen was von einem abgestürzten Raumschiff hat. Aber nun muss man sich das mal vorstellen. Da hat die Stadt mit diesen zwei Kinos im Stadtzentrum gleich mal 13 Kinosäle mit insgesamt sage und schreibe 4068 Plätze geschaffen. Ich meine, innerhalb von 131 Vorstellungen war ganz Dresden zu Besuch. Das aber vom Säugling bis zum bettlägerigen Rentner! ... und da hab ich noch nicht einmal all die anderen Multimegasuperplexkinos Dresdens dazugezählt. Wie soll bitte so was wirtschaftlich funktionieren? Oder verrechnen die das mit den Cola- und Popcornverkäufen? Am Ende macht man wieder Ray van Zeschau für seine minderbemittelten und negierenden Kinorezensionen verantwortlich.

Obwohl Dresden im Einwohnerranking an Platz 12 herumobert, hat es doch wundersamer Weise die höchste Leinwanddichte, was mit unter zur Folge hat, dass, wenn ich mich mal aus beruflichen Gründen ins Kino begebe, Situationen auftreten, wie ich sie einst im Sommer 1979 im Filmtheater am Hauptbahnhof letztmalig erlebten durfte. Nun weiß ich nicht, ob es an diesem denkwürdigen Tag lag, dass alle im Urlaub waren oder bereits auch ohne Internet darüber informiert waren, dass gerade ein hochsozialistischer Kundschafterfilm aus der befreundeten ČSSR lief. Ich und eine rüstige Rentnerin wussten es jedenfalls nicht, was zur Folge hatte, dass wir uns nun zu zweit im unklimatisierten Kino wieder fanden. Wäre einer von uns Beiden auch noch im Urlaub gewesen, hätte der Filmvorführer Mittag gemacht und einen von uns nach Hause geschickt. Aber die Anzahl Zwei war offensichtlich die magische Zahl der Lichtspieldirektion. Leider ließ sich aber das kleine aber feine Kino am Hauptbahnhof nicht mehr halten. Zu antiquiert war das innere Ambiente, welches noch aus den 50er stammte, zu schlecht war mittlerweilen die vollkommen verbastelte Verkehrssituation, der sogar der Busbahnhof zum Opfer fiel, in dessen Folge man jetzt verdutzt feststellt, dass man da ja keinen Busbahnhof hätte.

Gott sei Dank gehört wenigstens das Gebäude des ehemaligen Kinos zum Gesamtensemble des Bahnhofs und fiel der städtischen Vernichtungswut kulturhistorischer Architektur nicht zum Opfer, wie einst das unter Denkmalschutz stehende Kino an der Großenhainer Straße oder der 1929 errichtete Faunpalast, der 2003 abgerissen wurde, um einen architektonisch wertvollen Lidl an selbiger Stelle in Position zu bringen. Ich meine, tun wir mal nicht so demokratisch wertvoll, Walter Ulbricht hätte es nicht viel besser gemacht.

Ihr Dr. Kurt Hanuschke