26. April 2016

Neues aus der Zweiten Deutschen Televisionswelt

18 Jahre gab Pierre Sanoussi-Bliss den Kommissar Richter dann war plötzlich Schluß
Neues aus der Zweiten Deutschen Televisionswelt
18 Jahre gab Pierre Sanoussi-Bliss den Kriminaloberkommissar Axel Richter in der ZDF-Serie "Der Alte“. Im Herbst 2014 verkündete man sein Ende in der Serie. Nun ist solch ein Vorgang nichts Ungewöhnliches, nur die Art und Weise des Rauswurfes hatte schon etwas hinterhältig Verletztendes.

Schleichend ließ man bereits ein Jahr zuvor das „Arbeitsverhältnis“ so langsam erkalten. Die bis dahin selbstverständlichen Einladungen zum Oktoberfest entfielen und auch auf die Nennung im Abspann wurde plötzlich großzügig verzichtet. Selbst nach dem er gewaltig die Nachtigall hat auftreten hören und ZDF-Intendanten Thomas Bellut ihm nach seiner Anfrage, ob denn noch alles im Lot auf´m Boot sei, bestätigte, dass die Zweite Deutsche Televisionswelt mit ihm äußerst zufrieden sei, dümpelte die Situation noch ein Jahr lang dahin.

Doch im Herbst 2014 wurde Bliss dann unter falschem Vorwand wie ein dummer Junge nach München zitiert. Dort drückte man ihm sein letztes Drehbuch in die Hand, welches erstens seinen filmischen Abgang beschrieb und zweitens nicht erst gestern geschrieben worden sein konnte. Sieben Wochen später war dann Schluss für ihn. Nach 18 Jahren kein Danke, kein Blumenstrauß. Unangenehm nur, dass er einen Vertrag hatte, der ihn dazu verpflichtete, keine anderen Produktionen in der Zeit anzunehmen.

1 1/2 Monate „Kündigungsfrist“ und als freischaffender Schauspieler in dieser Branche sind dann schlichtweg eine Frechheit, gegenüber der er sich dann auch in einem öffentlichen Facebookvideo Luft machte. Ray van Zeschau traf und sprach den Schauspieler, der seine Verbitterung in Energie umsetze und seinen zweiten Kinofilm »Weiber - (Schwestern teilen. Alles)« schrieb, produzierte und Regie führte.

Ray van Zeschau: Ist Deine Film- und Fernsehkarriere nach dem Videopost nun beendet?
Pierre Sanoussi-Bliss: Na ja wahrscheinlich, aber das hab ich auch schon gewusst, bevor ich dieses Video gepostet hatte. Bin ja nicht blöd und so ein Video lädt ja auch so seine 10 Minuten, bis es oben ist, also wenn ich so der Intendant wäre

Ray van Zeschau:… aber es gibt ja auch noch andere Sendeanstalten.
Pierre Sanoussi-Bliss: Ja bitte, klar, aber warum sitze ich da seit ein und nem halben Jahr ohne Job rum? Die Leute kennen mich. Das einzige Angebot, was ich bisher hatte, war in den Dschungel zu gehen.

Ray van Zeschau: Was haben die Dir da geboten?
Pierre Sanoussi-Bliss: Viiiiel Geld!

Ray van Zeschau: Also so nur für mich, so unter uns?
Pierre Sanoussi-Bliss: * * * * * und ich habe nein gesagt. Allein, was dieser Micky Beisenherz, der die Texte dazu schreibt, über die Leute denkt, die da einziehen, reicht mir schon, um nein zu sagen.

Ray van Zeschau: Du hast aber nicht einfach deprimiert rumgesessen, sondern ein Drehbuch geschrieben, welches bereits in Deinem Hinterstübchen köchelte. Ich meine, ich habe durch das Auftreten von Arschlöchern in meinem Leben oft gewonnen, wäre es ohne den Rausschmiss beim »Alten« überhaupt zu der Umsetzung zu »Weiber« gekommen?
Pierre Sanoussi-Bliss: Nein definitiv nicht.

Ray van Zeschau: Das ist nunmehr Dein zweiter Kinofilm, Dein erster war »Zurück auf Los« Diesmal hast Du zwar selbst nicht mitgespielt, aber doch gleich drei Positionen besetzt, Drehbuch, Produktion und Regie. Behält man da noch den Überblick?
Pierre Sanoussi-Bliss: Das mit dem Produzieren war jetzt der Knackpunkt. Bei meinem ersten Film „Zurück auf Los“ war ich zwar Regisseur und mit Matthias Freihof Hauptdarsteller, aber ich musste mich nicht um den ganzen Kram drumherum kümmern. Jetzt war ich meine eigene Firma und alles ging über mich. Ich hatte ja für alles unterschrieben, 48 Verträge gemacht und dann wie jetzt, wie ich? Na frag doch mal den Produzenten! Ach ja, das war ja ich!

Ray van Zeschau: Du hast den Film bemerkenswerter Weise über Crowdfounding finanziert bekommen, nachdem einige Filmfirmen wie immer ganz begeistert waren, es aber momentan nicht in deren Konzept passte. Um was geht es eigentlich?
Pierre Sanoussi-Bliss: Als die Weiber und Schwestern Ama (Winnie Böwe), Senta (Floriane Daniel) und Klara (Astrid Ann Pollmann) ein verwaistes weißes Häschen am Straßenrand auflesen, wissen sie noch nicht, dass sie damit ihrem Schicksal einen kräftigen Tritt verpassen, der sie in eine andere Richtung katapultiert. Denn kurz darauf kommt Klaras gewalttätiger Mann Markus auf ebensolche Weise durch die Hand der Schwestern um. Ama wird von ihrem Schwager posthum schwanger und Klara kurz darauf vom Krebs dahingerafft. Markus` Leiche verschwindet unter der kundigen Anleitung der angehenden Ärztin Ama, die auch über Mittel und Wege verfügt, um heimlich zur Leihmutter von Schwester und (Ex)Schwager zu werden. Unterstützt wird sie von ihrer Schwester Senta, die als ehemalige Prostituierte „Leute kennt“, die einem „gerne helfen“, wenn man sie nur „richtig anspricht“.

Hartnäckige Fragen nach Markus` Verbleib stellt niemand. Denn nachdem er seine Schwägerin „geschwängert“ und von seiner Frau „rausgeworfen wurde“, erscheint es nur zu logisch, dass er sich weit weg eine neue Bleibe gesucht hat. Als erneut ein Markus in das Leben der Schwestern tritt und er sich als Beamter der Mordkommission entpuppt, macht sich Panik breit – unbegründet, wie sich rasch heraus stellt. Ama wird erneut schwanger, erneut von einem Markus, doch dieses Mal auf natürliche Weise. Aber das große Glück hält nur kurz. Als Ama Markus dabei erwischt, wie er aus anderen Honigtöpfchen nascht, erinnert sie sich an das Schicksal von Markus 1 und das Buch „Tote haben keine Lobby“ von Sabine Rückert, nach dem die Hälfte aller Morde in Deutschland unentdeckt bleiben. Ja grob gesagt, der Film ist absolut unmoralisch und es gibt keinerlei Erkenntnisse, die dir der Film serviert, du musst selber sagen …okay, jaa… das ist jetzt ma…

Ich wollte einfach mit schönen konventionellen Mitteln, also wie man eine Inga Lindström fürs Kino drehen würde, mit schönen Bildern und mit absolut sympathischen Figuren eine absolut unmoralische Geschichte erzählen. So alltägliche Dinge. Gewalt in der Ehe, es gibt verbotene Leihmutterschaft, die Familie, der Zusammenhalt, die Leiche im Keller, es ist alles dabei und hast aber nie das Gefühl, eine Wertung verpasst zu bekommen. Natürlich hätte ich den auch anders drehen können, mit ner rotzigen Handkamera und alles macht so, nee ich wollte schöne Bilder, aber die Geschichte,eigentlich geht das gar nicht, was die da machen. Kurzum, ein ungewöhnlicher Film gewöhnlich verpackt.

Ray van Zeschau: Aber danke erstmal, dass Du keine rotzige Handkamera verwendet hast. Wann hat der Film Premiere?
Pierre Sanoussi-Bliss: Nachdem ich ihn im Oktober zur Berlinale eingereicht hatte und zweieinhalb Monate auf die hochgelobte Absage gewartet hatte, wird er nun erstmals auf dem Hollywood International Moving Pictures Film Festival kurz HIMPFF gezeigt werden. Das ist aber keine Filmpremiere in dem Sinne, sondern ein Festival, auf dem er laufen wird. Sollte ich in Deutschland doch noch einen Verleih finden, was bisher nicht der Fall ist, dann feiern wir hier eine Premiere, die sich gewaschen hat. Ich drücke die Daumen und wünsche das Beste für Deinen Film.