7. Juli 2016

Eine sichere Bank - keineswegs!

ÖZumindest gibt es einige Differenzen bei unseren Autoren - Pro & Contra »Money Monster«
Eine sichere Bank - keineswegs!
Ein Film von Jodie Foster mit Julia Roberts und George Clooney in den Hauptrollen – eine sichere Bank? Die Redaktion des Kinokalender Dresden ist sich uneins.

Pro:

Gute Filme über die Auswirkungen der weltweiten Finanzkrise 2008 gibt es inzwischen etliche: »Margin Call – Der große Crash«, »The Big Short« oder auch die Dokumentation »Master of the Universe« beschäftigten sich hauptsächlich mit den Verursachern und gewährten tiefe wie gleichsam erschütternde Einblicke in die Entscheidungszentralen diverser Banken. Die zweifache Oscar-Preisträgerin Jodie Foster bietet in ihrem vierten Film als Regisseurin nun einen anderen Blickwinkel, der vornehmlich die Opfer des ganzen Wahnsinns in den Mittelpunkt stellt. Nein, Roberts und Clooney sind das natürlich nicht – das wäre wenig glaubhaft. Und doch sind sie als „Starpower“ immens wichtig für diesen Film, der andernfalls aufgrund seiner Thematik vielleicht kaum Beachtung finden würde.

Der dritte und wichtigste Hauptdarsteller ist Jack O’Connell (»‘71«, »Unbroken«): Einer der besten seiner Generation, aber noch unbekannt genug, um in »Money Monster« Otto Normalverbraucher repräsentieren zu können. Sein Kyle Budwell hat seine gesamten Ersparnisse verloren, weil er den Empfehlungen des TV-Anlageberaters Lee Gates (Clooney) gefolgt ist. Mit Bombengurt und Pistole bewaffnet nimmt er nun den selbstverliebten Moderator in dessen Live-Sendung als Geisel und fordert Antworten. Gates’ Assistentin Patty (Roberts) hat die undankbare Aufgabe, die Show währenddessen am Laufen zu halten.

Mit Geständnissen und Sinneswandeln, die mit der Androhung von Gewalt einhergehen, ist das so eine Sache. Sind sie wirklich glaubhaft? Dienen sie den Opfern meist nicht nur als Ausrede, um dem vermeintlichen Bösewicht Honig ums Maul zu schmieren? »Money Monster« entgeht dieser Zwickmühle, indem es sich vom anfänglichen Kammerspiel in einem Fernseh-Studio in ein weit größeres Szenario inmitten der New Yorker Wall Street wandelt. Nicht der Geiselnehmer ist dabei die treibende Kraft sondern sein Gefangener. Clooney spielt diesen aufgeblasenen Gockel, der erst im Angesicht des Todes sein Gewissen entdeckt, superb und verdeutlicht damit auch, wie blind selbst Insider und Profis den irren Versprechen der Bankenmanager hinterher gerannt sind.

Was »Money Monster« jedoch so bemerkenswert macht, ist gar nicht mal das zu erwartende an-den-Pranger-Stellen der Banken. Es ist vielmehr die von Foster wortlos eingestreute Medienkritik, die nachwirkt. Die kommt einerseits mit dem Holzhammer – Gates’ TV Show ist nicht mehr als Trashfernsehen für Wohlhabende. Andererseits aber auch subtil und beiläufig. So wird beispielsweise am Ende der angsterfüllte Gesichtsausdruck jenes Bankers, der den ganzen Mist verzapft hat, von der YouTube-Generation sogleich in eine GIF-Animation verwandelt, die in Nullkommanix viral geht. Was war das nochmal, dieses „Anstand“? Parallel dazu richtet der Kameramann, der zuvor (im Film) die gesamte Geiselnahme begleitet hat, sein Arbeitsgerät nach dem Finale sekundenlang direkt auf das Kinopublikum – man fühlt sich als Gaffer ertappt. Und angestachelt, den eigenen Arsch hochzukriegen, wenn sich an der gängigen Bankenpraxis etwas ändern soll. Message angekommen, Jodie!

Foster ist es mit »Money Monster« gelungen, auf satirische, kritische und gleichsam unterhaltsame Weise ein klares Statement abzugeben. DAS ist Kino par excellence.

Csaba Lázár


Contra

Große Namen des Hollywoodkinos inszenieren aktuelle, drängende Probleme. Was kann da schief gehen? Scheinbar doch eine ganze Menge. Regie führt Jodie Foster, Filmwunderkind - junge Polizistin in »Das Schweigen der Lämmer«, erfolgreiche Darstellerin und mittlerweile Regisseurin und Produzentin. Dazu die wunderbar funktionierende Kombi Julia Roberts und George Clooney. Die ging schon einmal bestens an der Kinokasse. Damals, als die Kinowelt noch heil war in der 2000er mit »Ocean’s Eleven« und zwei Fortsetzungen. Doch die Zeiten haben sich geändert. Das liberale Amerika ist etwas Neuem gewichen. Irgend etwas zwischen erfolgsverwöhntem Hip Hop von Dr. Dre oder Kanye West, legalem Marihuana und Donald Trump. So auch im Kino - familientaugliche Animationen, Tribute und immer wieder Remakes. Sozialkritischer Film findet kaum noch statt, stattdessen Marvel, Horror und Pop.

Der sehr geradlinig und auch etwas altmodisch anmutende Film erzählt die Geschichte eines von Finanzhaien betrogenen einfachen Bürgers. Ein einfacher, hart arbeitender New Yorker sieht sich gezwungen, die für ihn Schuldigen öffentlich anzuklagen - zufällig ein schmieriger Medien- und ein gieriger Finanztyp. Exemplarisch werden beide vorgeführt, und am Ende darf der Medienheini, nun geläutert, helfen, den von der Sucht nach Rendite aller getriebenen Finanzunternehmer zur Strecke zu bringen. Klingt so irgendwie ganz nett und könnte funktionieren. Tut es aber nicht so richtig - trotz eines Einspiels in den USA über 40 Mio. Dollar und bei uns von über 3 Mio Euro - denn die Besetzung erweist sich doch nicht so ideal und die Geschichte nimmt sich zu viel vor.
Auch kann sich Jodie Foster nicht richtig entscheiden. Es ist kein knallharter Thriller, der die Spannung bis zum Schluss durchzieht, aber auch kein spektakuläres Drama. Es ist nicht drastisch oder emotional genug und auch nicht richtig provokant. Wie munter es zugehen kann, zeigt die Szene mit seiner Freundin Molly (Emily Meade), die gut zureden soll, aber ihren ganzen Frust ablässt. Das ist Kino.

Dazu schlägt die Geschichte einige Haken zu viel und kann ernsthafte Fragen zur Logik nicht zielstrebig beantworten. Oder würde sich die Öffentlichkeit bei einem solchen Fall mit der Ausrede Fehler im Programm abspeisen lassen? Aber eine Journalistin kann innerhalb weniger Minuten die Ungereimtheiten eines Börsenkrimis aufklären.

So kratzt der Film an vielen Themen ein wenig und lässt am Ende recht emotional den Bösewicht im Herzen der City anklagen, aber bis dahin hat er viele Zuschauer verloren. Die haben sich aus der Handlung bis dahin bereits verabschiedet. Auch ihre beiden Hauptdarsteller schlagen sich wacker, aber irgendwie nehme ich Julia Roberts diese Rolle nicht ganz ab, und wirkt George Clooney zu Beginn nicht wie das laut Drehbuch skizzierte zynische Arschloch. Erst als er die Rolle des Handelnden und seine Rolle als Vierte Gewalt übernimmt. Das ist dann George, der unerbittlich im wahrsten Sinn des Wortes aufklärt. Ein Marsch mit Sprengstoffgürtel durch New York City, mitten im Herzen des modernen Kapitalismus. Welch ein schönes aber auch falsches Bild!
Mersaw

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