22. Juni 2009

Rohtenburg verloaded

wie ein langweiliger Morgenfurz morgens halb zehn in Deutschland
Rohtenburg verloaded
Ach ja, wenn Deutsche versuchen Horrorfilme zu drehen, dann ist das in etwa so als hätte Walter Ulbricht die Coolität erfunden. Und so schauen wir lange 87 Jahre zurück, um erschrocken festzustellen, dass Friedrich Murnau mit „Nosferatu“ den letzten deutschen Horrorfilm drehte. Ein etwas bedenklicher Zeitabstand für eine Nation die 1907 als erste Zahnpasta zwischen den Kauleisten hatte und 35 Jahre später die erste Rakete im All. Vor nunmehr drei Jahren glaubte der Videoclip drehende Neueinsteiger der Woche Martin Weisz einen ganz großen deutschen Horrorcoup landen und gleichzeitig fett abzukassieren zu können. Indirekt behilflich war ihm dabei der freundliche Herr Armin Meiwes, der zuvor den Dong des traurigen Siemens-Ingenieurs Bernd-Jürgen Brandes mit dessen Einwilligung als Opener verspeist hatte. Im Nachgang gab es noch ein paar lecker Steaks aus dem Rest des Herrn. Diese Nummer hatte es wahrlich in sich und hätte von einem Autor nicht besser erdacht werden können. Dazu kam noch, dass Armin Meiwes so ein bisschen die Biographie eines Norman Bates anhing. So mit dominanter Mutti und so. ....Ich meine, ich bin auch „bloß“ durch meine Mutti erzogen worden und habe es aber beim Verspeisen von Bock- und Weißwürsten belassen. Die Maßnahme von Herr Meiwes jedenfalls war für Regisseur Martin Weisz das gefundene Fressen. Er bannte rasch die Geschichte des wahren Kannibalen von Rotenburg auf Zelluloid, mit dem ausgebufften Plan, das Werk pünktlich und medienwirksam zu Armin Meiwes Verurteilung welturaufzuführen. Natürlich auch großkotzig in Englisch gedreht, da die Welt offensichtlich nur auf solch einen Film gewartet zu haben schien. Dummerweise hatte man die Rechnung ohne den Wirt und Gourmet gemacht, der erstens den Film saudoof fand und zweitens seine Geschichte bereits der Hamburger Firma Stampfwerk unentgeltlich überlassen hatte. Da der „Kannibale“ nicht so ein schlicht gestrickter Unhold wie in Weiszens Film war, ließ er kurzer Hand die Aufführung des Machwerkes mit einstweiliger Verfügung verbieten und versaute so des Regisseurs toll erdachte Weltpremiere. Jetzt, drei Jahre später, wurde das Verbot „unter Berücksichtigung der Kunst- und Filmfreiheit“ aufgehoben. In der Zwischenzeit verabsäumt es die Produktionsfirma nicht, ständig alle wissen zu lassen, das der Fall Armin Meiwes nur zur Inspiration gedient hatte. Ja klar, schon ein tolles Zeichen für Geistesgröße, sich inspirativ ein H aus der Hirnrinde zu drängeln und es dem tatsächlichen Tatort Rotenburg unter die Weste zu jubeln. Auch alle andern 88 Gemeinsamkeiten zwischen Film und wahren Fall sollen natürlich einzig und allein der Einbildungskraft des Superregisseurs geschuldet sein. Für wie dämlich will man uns denn hier 20 Jahre nach dem Mauerfall verkaufen? Wir leben nicht in Nordkorea wo der Bevölkerung glauben gemacht wird, dass Kim Jong-il Staats- Mercedes dem Erfindungsreichtum des nordkoreanischen Volkes geschuldet ist. Blöd auch, wenn der Regisseur nicht bereit, ist in die Untiefen der menschlichen Seele abzutauchen und nur höchst oberflächlich auf der Psychomainstreamsuppe einherdümpelt. Gut, dass die drei Jahre des Verbotes ausreichten den Film im Sumpf des Vergessens sinken zu lassen. Das große Hallo, dass sich Herr Weisz erdooft hatte, blieb aus und verpuffte wie ein langweiliger Morgenfurz morgens halb zehn in Deutschland.

Mahlzeit. Es lebe Hannibal Lector, Ihr Dr. Kurt Hanuschke (Geschmackspapst)