26. Mai 2011

Sucker Punch - Ein Streitgespräch. Pro und Contra

Gerade noch schlugen die Mädels aus »Sucker Punch« ihren Gegnern auf der Leinwand die Köpfe ein,
Sucker Punch - Ein Streitgespräch. Pro und Contra
nun machen es ihnen zwei Redakteure des Kinokalender Dresden nach – zumindest auf dem Papier. Ein Streitgespräch.

Pro:
Bevor man Sucker Punch schaut, sollte man sich klar machen, dass man einfach nicht so viel erwarten darf. Meist wird man dann ja eh enttäuscht. Nachdem der Film also von allen Kritikern quasi zerfleischt und aufs Übelste ausgeschlachtet wurde, dachte ich mir, gehst du da mal ohne Vorurteile rein.
Und das war eine gute Idee.

Eine ausgeklügelte und fantasiereiche Story bekommt man nicht geboten. Im Überblick wirkt »Sucker Punch« wie ein großes Computerspiel der Anime Fraktion - mit leichtbekleideten Mädchen und krassen Waffen. Wenn diese dann noch gutaussehend, natürlich ohne einen Kratzer zu bekommen, übergroße Ninjas und schon tote dampfbetriebene Nazi-Zombies umhauen, dann fragt man sich ein bisschen, ob man nicht im falschen Genre gelandet ist.
Aber ich als Mädchen muss zugeben, es macht schon Spaß, den Mädels da auf der Leinwand beim Kämpfen zuzugucken. Man möchte fast selbst mit rumhüpfen, losballern und umknocken.
Der Stil der ersten 6 Minuten des Films, welche man schon vorab online ansehen durfte, hat mich sehr angesprochen.
Innovatives im Design gab es dennoch kaum, trotzdem ist dies eine schöne Zusammenwürfelung der tollsten Actionsequenzen der letzten Jahre. Da wurde aus »Alice im Wunderland«, »I, Robot«, »Herr der Ringe« und »Kill Bill« geklaut - und das sehr offensichtlich. Optisch ist das Ganze super umgesetzt und lässt sich hübsch angucken. Versteckt wurden die ganzen wundersamen Welten hinter dem Mantel der Geschichte der kleinen Baby Doll - die soviel Schreckliches über sich ergehen lassen musste und dann in ein Irrenhaus eingewiesen wird. Wer würde sich da nicht in eine Fantasiewelt flüchten? Ich kenne zwar kein Mädchen, das sich freiwillig in der Fantasie in ein Bordell wünscht - aber öfter mal was Neues, nech?

Außerdem ist der Soundtrack große Klasse! Also, wenn ihr den Film nicht mögt, dann hört euch wenigstens den Soundtrack an, auf dem sich Perlen wie Björk, Led Zeppelin, Emily Browning und die Silversun Pickups befinden. Einige dieser sehr guten Songs sind auch super in das Filmgeschehen eingearbeitet. So finden wir zum Beispiel Emiliana Torrinis "White Rabbit" (welches wohl Anspielung auf den Alice im Wunderland Charakter geben soll) in der Welt mit den Zeppelinen und den dampfbetriebenen Nazi-Zombies.

Alles in allem habe ich mich sehr gut unterhalten gefühlt bei »Sucker Punch« und bereue keine einzige Minute. Ich persönlich finde nicht, dass er sexistisch ist, denn im Grunde gleicht sich das irgendwie aus, also Emanzipation und Sexismus. Auch sollte dem Film nicht so viel Gewicht gegeben werden, es ist einfach prima Unterhaltungskino.
Anne-Ailine Krause

Contra:
Willkommen im 21. Jahrhundert! Wo Regisseure ihre kindlichen Fantasien für viel Bares auf die Leinwand bringen dürfen, dabei ihr Publikum unter einem Berg von visuellen und akustischen Reizen begraben und dies am Ende auch noch als "Kunst" feiern. Gleich vorweg: »Sucker Punch« ist ein Blendwerk sondergleichen, das, ja klar, „nur unterhalten will“, mir kurz vor dem Abspann aber noch eine „Befreie deinen Geist!“- Message um die Ohren haut, die naiver nicht sein könnte.

Zack Snyder, der in den Credits sogar offen zugibt, diese ganze Chose von der Drehbuchidee bis zur Umsetzung allein entworfen zu haben, macht sich nicht einmal die Mühe, seine Inspirationsquellen zu verschleiern. Offenbar ist der junge Mann großer Fan überzeichneter, comichafter Charaktere und harter Ego-Shooter-Games, bei denen der Spieler Level um Level gegen sonderbare Kreaturen antreten muss, um einzelne Gegenstände zu erbeuten. Welche das sind, macht »Sucker Punch« bereits in der atmosphärischen Prä-Titel-Sequenz deutlich, die einen viel interessanteren Film verspricht, als Snyder letztlich bieten kann. Der Verlauf ist somit klar, spätestens nach Erbeutung des ersten Gegenstands weiß man, wie der Hase läuft. Spannungsaufbau? Sechs, setzen!

Was an Suspense fehlt, gibt’s an anderer Stelle im Übermaß. Abgedroschene Figurenklischees beispielsweise. Da hätten wir einen sexuell frustrierten, fettleibigen Koch, den obligatorischen Politikerschnösel, der sein Geld gern im Puff verprasst, und natürlich die sadistischen Wärter, denen es eine Freude ist, junge Mädchen zu maßregeln. Die Mädels wiederum sind allesamt sehr luftig bekleidet, haben einen eigenen Kopf (wir sind ja emanzipiert), wagen es aber (noch) nicht, gegen ihren schmierigen Zuhälterboss aufzubegehren.

Aber okay, der Film soll ja für 100 Minuten reichen. Also schickt Regisseur Snyder seine Kampfamazonen zunächst in den Krieg: Während Hauptcharakter Baby Doll tanzend die Männer becirct (warum wird mir dieser ach so besondere Tanz vorenthalten?), gibt es in einer zweiten Traumebene nacheinander ein Sammelsurium dümmlicher Feindkonzepte (monströse Krieger, Drachen, Erste-Weltkrieg-Soldaten, Bombenbestückte Züge), die zwar für abwechslungsreiche Action auf der Leinwand sorgen. Andererseits bestätigt Snyder damit das Vorurteil (s)einer reizüberfluteten Generation, die ständig von einem Schauplatz zum nächsten springt, um der Langeweile zu entgehen. Es scheppert, es kracht, es knallt – und ermüdet trotzdem.

Also schweifen meine Gedanken ab. Ich beginne darüber nachzudenken, welches Frauenbild »Sucker Punch« präsentiert: Alle Damen im Film arbeiten in einem Freudenhaus. Ihre einzige Daseinsberechtigung besteht im Unterhalten der männlichen Kundschaft. Möchten sie dieser Hölle entgehen, helfen nur Gewaltanwendung und optische Reize. Und die Ratschläge eines ‚weisen Mannes‘. Ergo: Allein hätten sie es nicht geschafft. Ohne gutes Aussehen schon gar nicht. Das ist doch mal ´ne Ansage!

Nehme ich »Sucker Punch« etwa zu ernst? Oder entgehen mir einfach nur Anspielungen und Zitate auf populäre Computerspiele, Comicvorlagen, andere Filme? Immerhin, die Musik kam mir bekannt vor! Etliche Titel, zu denen ich bereits vor mindestens 15 Jahren mitgewippt, mitgerockt habe. Hat Snyder wahrscheinlich seit seiner Jugend für genau diesen Film vorgemerkt. Schön, dass er sich diesen Traum nun verwirklichen konnte. Schade, dass ich ihn miterleben musste.
Csaba Lázár

http://www.SuckerPunch-derFilm.de